Myofunktionelle Störungen

Veröffentlicht im Februar 2019

Eine myofunktionelle Störung beschreibt eine Schwäche oder ein Ungleichgewicht vor allem der Lippen-, Zungen- und Kiefermuskulatur. Unterschiedliche Gründe können ihre Entstehung begünstigen. Am häufigsten spielen nicht altersgerechte Nahrung im Kleinkindalter (fehlende Kauanreize), vergrößerte Mandeln bzw. Polypen sowie „orale Habbits“ (Daumenlutschen oder langes Benutzen des Schnullers) eine ursächliche Rolle. Aber auch bei einigen genetisch bedingten Krankheitsbildern (z.B.: der Trisomie 21) ist sie ein begleitendes Symptom.

Abhängig vom Schweregrad der Ausprägung kann eine myofunktionelle Störung zu unterschiedlichen Problemen führen.

Auffällig ist der fehlende Mundschluss mit einer meist interdentalen (d.h. zwischen den Zähnen liegenden) Zungenruhelage. Der ständig offenstehende Mund wird zum Einfallstor für Krankheitserreger, denn die Atmung erfolgt nicht mehr durch die Nase, wo normalerweise die Reinigung, Befeuchtung und Erwärmung der Atemluft stattfindet. Häufige Atemwegsinfekte können die Folge sein. Lippen und Mundschleimhaut trocknen aus und werden rissig.

Zusätzlich fällt den Kindern die Kontrolle über den Speichelfluss schwer, sie „sabbern“ viel und die Mundwinkel sind durch die ständige Reizung gerötet.

Häufig entwickelt sich auf Grundlage der interdentalen Zungenruhelage und der zu schwach ausgebildeten Zungenmuskulatur ein falsches Schluckmuster. Statt nach hinten in Richtung Rachen, arbeitet die Zunge nach vorne oder zur Seite und stößt dabei gegen die Zähne (das sogenannte „Zungenpressen“). Bei ca. 3000 Schluckbewegungen am Tag (Nahrung und Speichel) bleibt das natürlich auf Dauer nicht ohne Folgen: Die Zähne weichen unter dem ständigen Druck der Zunge aus und es kommt zu Zahnfehlstellungen.

Ein Hinweis auf ein falsches Schluckmuster können folgende Beobachtungen beim Essen sein:

  • wählerisches Essverhalten
  • hastiges „Herunterschlingen“
  • Kauen mit offenem Mund, Schmatzen
  • Zunge kommt dem Besteck oder Glas „entgegen“
  • Zunge ist beim Kauen und Schlucken an oder zwischen den Zähnen sichtbar

Auch in der Sprache fallen Kinder mit einer myofunktionellen Störung auf. Häufig kommt es zu Lautbildungsfehlern - typisch hier das sogenannte „Lispeln“- oder zu einer allgemein undeutlichen Artikulation.

Zahnärzte, Kieferorthopäden und Logopäden sind die richtigen Ansprechpartner bei solchen Problemen. Meist erkennt der Zahnarzt bei der regelmäßigen Kontrolluntersuchung Veränderungen in der Zahnstellung und überweist die Patienten an die Kieferorthopädie. Diese übernimmt dann die Korrektur der Zahn- und Kieferfehlstellung z.B.: mittels einer Spangentherapie. Die Aufgabe der Logopädie ist es dagegen durch gezielte Übungen, die muskuläre Schwäche abzubauen und falsche Bewegungsabläufe zu korrigieren.

Wird hingegen nur die Zahnfehlstellung behandelt ohne die ursächliche myofunktionelle Schwäche zu berücksichtigen, ziehen sich die Spangentherapien oft in die Länge. Häufig kommt es dann auch nach abgeschlossener kieferorthopädischer Behandlung zur Wiederausprägung des Zahnfehlstandes.